Kirsch, Franz


Biografische Daten:

Passbild von Franz Kirsch
Name:Kirsch, Franz Georg
Geboren:08.März 1901 in Berlin-Johannesthal
Beruf:Rangierer
Wohnort:zuletzt Berlin-Adlershof, Kronprinzenstr. 69, heute Wassermannstraße
Bahnbeginn:Werkseisenbahner bei Schering ab 1929
Gewerkschaft:nicht bekannt, vermutlich RGO
Funktionen:Betriebsrat bei der Firma Schering AG in Adlershof
Partei:KPD ab 1931
Funktionen:Mitglied des KJVD ab 1920 sowie im RFB von 1926 bis 1928
Widerstand:Arbeit für illegale KPD im Unterbezirk Adlershof; Aufbau einer illegalen Betriebszelle bei Firma Schering AG; Zahlung von Beiträgen für die illegale KPD und von Spenden zur Unterstützung inhaftierter Widerstandskämpfer; Bezug und Vertrieb illegaler Druckmaterialien, wie der „Berliner Volkszeitung“ und verschiedenen propagandistischen Flugblättern gegen das Hitlerregime
Verfolgung:Franz Kirsch wurde am 20. Dezember 1939 von der Gestapo verhaftet und befand sich ab 21. Februar 1940 im Untersuchungsgefängnis Alt-Moabit in Berlin in Untersuchungshaft. Der 2. Senat des Volksgerichtshofes verurteilte ihn nach zwei Verhandlungstagen am 28. und 29. Januar wegen „Zersetzung der deutschen Wehrkraft in Verbindung mit landesverräterischer Begünstigung des Feindes und Vorbereitung zum Hochverrat“ zu 12 Jahren Zuchthaus und zehn Jahren Ehrverlust. Kirsch wurde zunächst in das Zuchthaus Sonnenburg gesteckt und später von dort nach Brandenburg-Görden überwiesen.
Gestorben:Franz Kirsch starb am 3. Februar 1944 im Zuchthaus Brandenburg-Görden an einer infolge der unmenschlichen Haftbedingungen erlittenen Tuberkulose.
weitere Infos:Besuch der Volksschule bis zur 3. Klasse; war verheiratet; Bruder Fritz Kirsch wurde 1939 im KZ Sachsenhausen inhaftiert und dort 1940 ermordet. Seine Schwester Helene Friedrich, geb. Kirsch wurde ebenfalls mehrfach inhaftiert und arbeitete mit der Widerstandsgruppe Anton Saefkow zusammen. Sein Bruder Otto Kirsch beteiligte sich ebenfalls aktiv am Widerstand gegen die Nazis.
Gedenken:Franz Kirsch wurde auf der Ehrentafel aufgenommen, die die GdED am 9. Mai 1983 in ihrer damaligen Zentrale in Frankfurt am Main einweihte. In der Berliner Wuhlheide erinnert eine Gedenkstele an Fritz und Franz Kirsch sowie einige weitere Widerstandskämpfer. Außerdem wurde vor seinem letzten Wohnort, in der heutigen Wassermannstraße 69, ein Stolperstein für ihn verlegt.

Biographie:

Während des ersten Weltkrieges arbeitete Franz Kirsch als ungelernter Arbeiter in einer Berliner Flugzeugfabrik (vermutlich in Johannistal) und war darüber hinaus im Jahr 1918 als Zivilschanzarbeiter im Elsass eingesetzt. Nach dem Krieg war er längere Zeit arbeitslos, bzw. kurzzeitig in verschiedenen Berliner Tiefbau- und Metallfirmen tätig. Schon frühzeitig schloss er sich der Arbeiterjugendbewegung an, wurde 1920 Mitglied im Kommunistischen Jugendverband Deutschland (KJVD), war von 1926 bis 1928 Mitglied des RFB und wurde 1931 Mitglied der KPD. 1929 gelang es ihm eine Einstellung in den Berliner Schering-Kahlbaum-Werken zu erreichen, wo er bis zu seiner Verhaftung im Dezember 1939 tätig war. Hier arbeitete er als Rangierer.

Unter dem Naziregime leistete Kirsch spätestens ab 1936 über die Jahre hinweg illegale Widerstandsarbeit gegen das Hitlerregime, war an der Bildung illegaler Gruppen beteiligt, leistete Gegenpropaganda und beteiligte sich an solidarischen Sammelaktionen von Geldmitteln für Familien inhaftierter Widerständler. Zu seinen Aktivitäten gehört auch der Vertrieb der „Berliner Volkszeitung“, einer Widerstandszeitung, wie auch die Verteilung von Flugblättern mit Losungen gegen das Naziregime, insbesondere in der Zeit unmittelbar vor Beginn des Überfalls auf Polen und dem Beginn des II. Weltkrieges, wie z. B.:

„Hitler ist schuld, wenn es zum Kriege kommt“,
„Frauen kämpft um Eure Männer. Gebt sie nicht widerspruchslos hin“,
„Achtung! Achtung! Hitler und Goebbels werden in den nächsten Tagen nur Lügen verbreiten. Nicht darauf hereinfallen“,
„Die Kriegsverbrecher sind bereit unser Volk in den Abgrund zu stürzen“,

Nach über einjähriger Untersuchungshaft fand im Januar 1941 der Prozess gegen Franz Kirsch und seine Genossen statt. Er wurde zu 12 Jahren Haft und Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 10 Jahren verurteilt. Das Urteil war begründet mit „Zersetzung der deutschen Wehrkraft in Verbindung mit landesverräterischer Begünstigung des Feindes und Vorbereitung zum Hochverrat“. In der Begründung des Volksgerichtshofes wird Franz Kirsch und seinen Mitstreitern vorgeworfen: „[…] nicht von ihrem verbrecherischen Treiben selbst nach Ausbruch des Krieges abgelassen [zu haben], als sich ganz Deutschland zur Abwehr des feindlichen Angriffs heißen Herzens um seine Führer geschart hatte“.Franz Kirsch wurde zuletzt im Zuchthaus Brandenburg-Görden inhaftiert, wo er am 3. Februar 1944 an Tuberkulose in Folge der unmenschlichen Haftbedingungen verstarb.

Quellen:

  • VVN-BdA Treptow-Köpenick
  • Stolpersteinkoordinierungsstelle Berlin
  • Anklage 10J 66/40 und Urteil 2H 114/40 – 10J 66/40, beides in: Nationalsozialismus, Holocaust, Widerstand und Exil 1933-1945. Online-Datenbank, 17.07.2018
  • Widerstandskartei im Bundesarchiv
  • Gottwaldt: Eisenbahner gegen Hitler
  • SAPMO-BArch, DY 55/V 287/979, Materialsammlung VVN, Bl. 14R und DY 55/V 287/990, Materialsammlung VVN Brandenburg, Bl. 82
  • BArch, R 58/3565,Bl. 121f.
  • Anklage und Urteil aus Online-Datenbank