Apitzsch, Franz


Passbild Franz Apitzsch, um 1946 (Quelle: Wiedergutmachungsakte F 196-1_1512)

Biografische Daten:

Name:Apitzsch, Franz Hermann Ferdinand
Geboren:24. Januar 1890 in Eisdorf im Harz
Beruf:gelernter Schmied, Gewerkschaftssekretär
Wohnort:Magdeburg; Berlin-Charlottenburg, Stendelenweg 54 (Ende 1932); Berlin W 62, Keithstr. 18 (Mitte bis Ende der 1930er); aus Berlin am 1.7.1941 ausgewiesen; Buch-Hohenfels, Haus Nr. 37, Landkreis Waldshut (Zuzug 5.7.1941)
Bahnbeginn:1918
Gewerkschaft:DMV, DEV, EdED
Funktion:DMV-Mitglied seit 1908/09; 1918/19 Mitglied des Arbeiterrates der Stadt Magdeburg; Vorsitzender des RAW Magdeburg-Buckau des Bezirks-Betriebsrates der Reichsbahndirektion Magdeburg von Februar 1919 bis September 1920; Mai 1919 Wahl zum „unbesoldeten Vorstand“ im DEV, ab 1.10.1920 Vorstandssekretär des DEV; Leiter der Tarif- und Rechtsabteilung bis Entlassung durch DAF; Mitglied des Vorstandes des EdED 1926 bis 1933; saß 1927 im Gedingeausschuss des EdED; Mitglied des Lohnpolitischen Ausschusses im ADGB; mehrfacher Verhandlungsführer bei Tarifverhandlungen; 1928-1933 ehrenamtliches Mitglied des Reichsarbeitsgerichtes
Partei:SPD (seit 1913)
Funktion:keine bekannt
Widerstand:siehe unten
Verfolgung:siehe unten
Gestorben:Franz Apitzsch starb am 30. Dezember 1948 an den Haftfolgen während eines Kuraufenthalts im badischen Schweigmatt.
weitere Infos:Vater Hermann Apitzsch, Bergarbeiter; 8 Jahre Volksschule in Eisleben; Wehrdienst ab 1910 2 Jahre als Fußartillerist in Magdeburg; Teilnahme am 1. Weltkrieg ab Kriegsausbruch bis November 1916 (Reklamiert durch Firma Krupp); seit 15. Februar 1913 verheiratet mit Berta Apitzsch, geb. Pieper 20.5.1891 in Schwanebeck (Kreis Ackersleben); Tochter Gertrud Apitzsch, geb. 31.3.1913 in Magdeburg, später verheiratete Gerrecke, 1949 wohnhaft Bamberg, Eisgrube 20; nach Entlassung durch die DAF 1933 bis Oktober 1937 Inhaber eines Fuhrbetriebs, bis Sommer 1938 Dreher bei Firma „Holland“ in der Möckernstr.; lt. Entschädigungsakte ab Juni 1938 bei den „Deutsche Werke“ Berlin Spandau als Revisor beschäftigt;
Gedenken:nichts bekannt

Biographie:

Franz Hermann Ferdinand Apitzsch, geb. 24. Januar 1890 in Eisdorf im Harz (Mansfelderseekreis), machte eine Ausbildung zum Schlosser und Schmied, trat 1908 dem DMV bei, arbeitete nach dem Wehrdienst bei der Firma Krupp und kam von dort 1918 zur Eisenbahn, wo ihn die Kollegen in den Arbeiter- und Soldatenrat wählten. Am 1. Oktober 1920 wurde er zum Vorstandssekretär im DEV berufen, übernahm hier und auch im ADGB verschiedene Funktionen, leitete beispielsweise Tarifverhandlungen und engagierte sich von 1928 bis 1933 als ehrenamtliches Mitglied des Reichsarbeitsgerichtes. Seit 1913 gehörte Apitzsch der SPD an. Ob er hier auch Funktionen übernahm, ist nicht bekannt. Nachdem er im Juli 1941 vor den Nazischergen ins baden-württembergische Buch im Landkreis Waldshut geflüchtet war, versuchte er, sich nach Kriegsende von hier am Wiederaufbau der Gewerkschaften zu beteiligen. Franz Apitzsch starb am 30. Dezember 1948 an den Spätfolgen seiner zahlreichen KZ-Inhaftierungen in Schweigmatt (Baden).



Widerstand:

führte zahlreiche Arbeitsgerichtsprozesse in Berlin für ehemalige, entlassene Kollegen (bekannt: Hermann Richter, Wilhelm Wübbenhorst, Georg Bräunlein, Arend Braye, Johann Brügmann, Ella Brühl, Gustav Buttgereit, Wilhelm Eller, Paul Haltenhof, August Baum, Johann Büttner, Bonifaz Frank, Karl Schmidt, Fritz Buchwald, Friedrich Klaws, Jakob Grasser, Dorothea Hartmann sowie die drei weiteren weiblichen Verwaltungsangestellten Haber, Nowack und Lauer, Walter Oelkers); nach Aussage von Max Hanf leitete Apitzsch (mindestens) 1933 illegale Treffen in Berlin; nach Aussagen Jahns arbeitete er zusammen mit Apitzsch in der illegalen Berliner „Reichsleitung“ mit; von der illegalen Reichsleitung der Gewerkschaften beauftragt, gemeinsam mit Erich Bührig einen Entwurf für ein neues Arbeitsgesetz auszuarbeiten, musste diese Arbeit aber später (ab Frühjahr/Mitte 1934) wohl liegen lassen, beide „widmeten sich im steigenden Masse der Durchführung von Gehaltsklagen vor dem Arbeitsgericht Berlin.“; war außerdem in Leuschners Plänen als Vertreter der Eisenbahnen in der neuen Gewerkschaft vorgesehen; Aus Überwachungsberichten geht hervor, dass Apitzsch im Februar 1939 wegen einer Reise nach Kopenhagen durch die Gestapo überwacht wurde; traf sich dort u. a. mit dem ehemaligen Justitiar des EdED Erich Jacoby, der als sein Verbindungsmann zur internationalen Gewerkschaftsbewegung fungierte; gegebenenfalls nahm er während seines Aufenthalts in Dänemark von dort auch an einer weiteren Reise zu schwedischen Kollegen teil; Apitzsch kehrte am 25.2. von seiner Reise zurück; „Die Durchsuchung seiner Person unter dem Deckmantel der Devisenkontrolle hat Belastendes nicht erbracht.“ (BArch R 58/3388, Bl. 244f.); allerdings ergaben in der Folge eingeleitete weitere Überprüfungen, dass Apitzsch auch 1933-1937 ein- bis zweimal pro Jahr nach Dänemark gereist war (!!!); aus seiner Entschädigungsakte geht hervor, dass er eine eigene Widerstandsgruppe geleitet hat; die drei ehemaligen Kollegen aus Berlin Haberland, Neuendorf und Bonatzy bestätigen in einer gemeinsamen Erklärung, dass Apitzsch neben der Vertretung etlicher Kollegen vor dem Arbeitsgericht (auch trotz mehrfacher Haftandrohung weitergeführt), eine eigene Gruppe leitete: „Durch ihn gelangten wir in den Besitz illegaler Flugblätter und Zeitschriften, welche im Eisenbahnbetrieb verteilt wurden. Er unterhielt persönliche Verbindungen mit dem Ausland, insbesondere mit den skandinavischen Eisenbahnergewerkschaften und sozialistischen Parteien, worüber er uns regelmäßig berichtete.“; Außerdem erwähnen sie explizit die Verbindung, die – neben der zu anderen inländischen Organisationen – zwischen Apitzsch und Scharfschwerdt (ehemals GDL) bestand; Kontakte zu Leuschner wahrscheinlich, gibt in einem Brief an die ITF bzgl. Neuaufbau der Gewerkschaften an, „auch Leuschner sympathisierte mit diesen Gedanken“ (gemeint ist „eine einheitliche, zentrale Gewerkschaft“ zu bilden.); nach Aussage von Frau Jahn (Manuskriptplan) wusste er vom (ursprünglichen) Transfer des Verbandsvermögens nach Kopenhagen, sie gibt außerdem an, dass auch Apitzsch bei der ITF war, um Kontakte aufzunehmen, dies aber von Fimmen abgelehnt wurde;

Verfolgung:

Franz Apitzsch gab seine Verfolgungsgeschichte kurz vor seinem Tod wie folgt wieder:
„Am 1.5.38 wurde ich wegen verbotener Versammlung kurzfristig verhaftet (Gestapoleitstelle Berlin). Am 2.9.39 wurde ich mit anderen verhaftet und in das K.Z. Sachsenhausen eingeliefert. Untergebracht war ich in den Blöcken 2+5. Im Ganzen hatte ich 3 verschiedene Nummern, die ich nicht mehr weiß. Entlassen wurde ich aus dem K.Z. Sachsenhausen am 18.6.41. In dieser Zeit war gegen mich ein Verfahren wegen Verdacht auf Hochverrat eingeleitet. Im August 1944 wurde ich in das K.Z. Dachau eingeliefert (Block 15) aber bereits im September wieder entlassen. Ich versichere hiermit eidesstattlich, daß die vorstehenden Angaben der Wahrheit entsprechen.
Buch d. 7.6.47“ Quelle: OdF-Akte Friedrich Haberland

Erste Inhaftierung am 1./2. Mai nach Auffliegen einer illegalen Maifeier mit Kollegen im Süden Berlins; zweite Festnahme bei Kriegsausbruch und Inhaftierung KZ Sachsenhausen 2.9.1939-31.10.1939 sowie 12.3.1940-18.6.1941; zunächst Schutzhäftling 1601 in Block 2, im Oktober auf Anweisung der politischen Abteilung zu Verhören ins Hausgefängnis der Gestapo nach Berlin überführt; Rückführung als Schutzhäftling 16911, eingeliefert in Block 2 am 12.03.1940; Entlassung aus der Haft am 18.06.1941 aus Block 5; in Folge der „Aktion Gewitter“ anlässlich des gescheiterten Hitlerattentats dritte Inhaftierung im KZ Dachau 12.8.1944 bis 11.9.1944 (Block 15, schwer erkrankt); Während KZ-Haft u. a. Einsatz als Lagerhandwerker im Arbeitskommando Ofensetzer

Quellen:

  • Dissertation Podzuweit (unveröffentlichtes Manuskript)